The Who: Ein Sturm aus Klang und Zerstörung

In den Annalen der Rockmusik gibt es Bands, die nicht nur gehört, sondern erlebt werden mussten. The Who waren eine solche Band – ein ungezähmter Wirbelwind aus ohrenbetäubendem Lärm, zersplitterten Gitarren und einer rohen Energie, die das Publikum in ihren Bann zog. Ihre Konzerte waren keine bloßen musikalischen Darbietungen, sondern kathartische Ereignisse, bei denen die Grenzen zwischen Bühne und Publikum verschwammen und eine gemeinsame Ekstase der Zerstörung und des Klangs entstand.
Die Geschichte dieser legendären Formation begann in den späten 1950er Jahren in den Londoner Vororten. Roger Daltrey, geboren am 1. März 1944, war der erste, der den Grundstein für das legen sollte, was später als The Who in die Musikgeschichte eingehen würde. Im Jahr 1959 gründete er eine Skiffle-Band namens The Detours. Die frühen Jahre waren geprägt von Besetzungswechseln, bis 1961 zwei weitere Schlüsselfiguren hinzustießen: John Entwistle und Pete Townshend. Entwistle, am 9. Oktober 1944 geboren, war ein Schulfreund von Townshend an der Acton County Grammar School. Townshend, geboren am 19. Mai 1945, komplettierte zunächst als Leadgitarrist das Line-up, während Daltrey Rhythmusgitarre spielte.
Die frühen Detours umfassten auch die Schlagzeuger Harry Wilson und Doug Sandom sowie den Sänger Colin Dawson. Diese Formation spielte zunächst Instrumentalstücke der Shadows und der Ventures sowie Coverversionen aus den Bereichen Pop und traditioneller Jazz. Die musikalischen Wurzeln der Band lagen im Rhythm and Blues, eine Leidenschaft, die besonders Daltrey in die Gruppe einbrachte. Die Londoner Mod-Bewegung, eine Jugendkultur, die in den späten 1950er und 1960er Jahren in London entstand, beeinflusste früh das Image und die Musik der Band.
Im Februar 1964 erfuhr die Gruppe von einer anderen Band namens Johnny Devlin and the Detours, was eine Namensänderung erforderlich machte. Nach einer Nacht intensiver Überlegungen einigten sich Townshend und sein Mitbewohner Richard Barnes auf den Namen The Who, der das Thema humorvoller Ansagen aufgriff. Im April desselben Jahres, nach dem Ausscheiden von Doug Sandom, stieß Keith Moon zur Band. Moon, geboren am 23. August 1946, war zuvor Schlagzeuger in einer semiprofessionellen Band namens The Beachcombers und beeindruckte die anderen Bandmitglieder bei seinem ersten Auftritt mit seiner energiegeladenen und unkonventionellen Spielweise, bei der er angeblich sogar ein Bassdrum-Pedal zerbrach und ein Schlagzeugfell zerriss.
Mit der klassischen Besetzung aus Roger Daltrey (Gesang), Pete Townshend (Gitarre), John Entwistle (Bass) und Keith Moon (Schlagzeug) begann der Aufstieg von The Who zu einer der einflussreichsten Rockbands der Geschichte. Ihre frühen Auftritte im Londoner Marquee Club erregten Aufmerksamkeit, und eine positive Kritik in Melody Maker trug zur Steigerung ihrer Popularität bei. Die Filmemacher Kit Lambert und Chris Stamp wurden auf die Band aufmerksam und übernahmen das Management. Um die Aufmerksamkeit des amerikanischen Produzenten Shel Talmy zu gewinnen, der bereits mit den Kinks gearbeitet hatte, schrieb Townshend den Song „I Can’t Explain“, der bewusst an deren Stil angelehnt war. Talmy war von der Band bei den Proben beeindruckt und nahm sie unter Vertrag.
Roger Daltrey, die charismatische Stimme von The Who, wurde am 1. März 1944 in East Acton, London, geboren. Seine kraftvolle Stimme und seine dynamische Bühnenpräsenz machten ihn zu einem der „Götter des Rock and Roll“. In den frühen Tagen der Band war Daltrey die treibende Kraft und bekannt dafür, die Dinge nach seinen Vorstellungen durchzusetzen, wobei er in seiner Jugend auch körperliche Auseinandersetzungen nicht scheute, um seinen Willen durchzusetzen. Bevor Townshend zur Band kam, spielte Daltrey selbst Leadgitarre.
Daltrey war zweimal verheiratet. Seine erste Ehe mit Jacqueline Rickman dauerte von 1964 bis 1968 und brachte einen Sohn, Simon, hervor. 1967 wurde ein weiterer Sohn, Mathias, aus einer Beziehung mit dem schwedischen Model Elisabeth Aronsson geboren. Seit 1971 ist Daltrey mit Heather Taylor verheiratet, mit der er drei weitere Kinder hat: die Töchter Rosie Lea (geboren 1972) und Willow Amber (geboren 1975) sowie den Sohn Jamie (geboren 1981). Im Laufe der Jahre erfuhr Daltrey von drei weiteren Töchtern aus einer Zeit zwischen seinen beiden Ehen, die adoptiert worden waren und erst als Erwachsene ihren biologischen Vater kennenlernten. Neben seiner Arbeit mit The Who verfolgte Daltrey ab 1973 eine erfolgreiche Solokarriere und wirkte in zahlreichen Filmen und Theaterproduktionen mit. Seit dem Jahr 2000 engagiert er sich stark für den Teenage Cancer Trust, eine Wohltätigkeitsorganisation für junge Krebspatienten.
Pete Townshend, der kreative Kopf und Gitarrist der Band, wurde am 19. Mai 1945 in Chiswick, London, in eine musikalische Familie geboren. Sein Vater war professioneller Saxophonist, seine Mutter Sängerin. Townshend besuchte die Acton County Grammar School zusammen mit John Entwistle und studierte später kurzzeitig Grafikdesign am Ealing Art College. Er entwickelte einen aggressiven Gitarrenstil, der durch den sogenannten „Windmill“-Anschlag und den bewussten Einsatz von Rückkopplungen gekennzeichnet war. Berühmt wurde er auch für das Zerstören seiner Gitarren am Ende von Konzerten.
Townshend war tief von den Lehren des indischen spirituellen Lehrers Meher Baba beeinflusst, was sich in vielen seiner Songs widerspiegelt. Neben seiner musikalischen Karriere ist Townshend auch als Autor tätig. Er war von 1968 bis 2009 mit der Modedesignerin Karen Astley verheiratet, mit der er drei Kinder hat. 2016 heiratete er Rachel Fuller, mit der er zuvor an der musikalischen Webcast-Serie „In the Attic“ gearbeitet hatte. In den frühen 2000er Jahren geriet Townshend in die Schlagzeilen aufgrund eines Skandals um Kinderpornografie, wobei er selbst angab, dass seine Verhaftung sein Leben gerettet habe.
John Entwistle, der Bassist der Band, wurde am 9. Oktober 1944 in Chiswick, London, geboren. Er war das einzige Mitglied von The Who mit einer formalen musikalischen Ausbildung und spielte neben Bass auch Französischhorn, Trompete und Klavier. Entwistle war bekannt für seinen innovativen und kraftvollen Bassstil, der ihm die Spitznamen „The Ox“ und „Thunderfingers“ einbrachte. Im Gegensatz zu den exzentrischen Bühnenpersönlichkeiten seiner Bandkollegen war Entwistle für seine ruhige und unaufgeregte Präsenz auf der Bühne bekannt. Er trug auch zum Songwriting der Band bei, oft mit einem trockenen und humorvollen Unterton.
Entwistle war zweimal verheiratet: mit Alison Wise von 1967 bis zu ihrer Scheidung (ein Kind) und mit Maxene Harlow von 1991 bis 1997. Er verstarb am 27. Juni 2002 in Las Vegas an einem Herzinfarkt, der durch Kokainkonsum ausgelöst wurde.
Keith Moon, der legendäre Schlagzeuger, wurde am 23. August 1946 in Wembley geboren. Er trat der Band 1964 bei und war bekannt für seinen einzigartigen, energiegeladenen und exzentrischen Schlagzeugstil, der oft die Rolle eines Leadinstruments übernahm. Moon war berüchtigt für seine wilden Eskapaden sowohl auf als auch abseits der Bühne, darunter das Zerstören von Schlagzeugsets und Hotelzimmern, was ihm den Spitznamen „Moon the Loon“ einbrachte.
Neben seiner Arbeit mit The Who wirkte Moon in Filmen mit und veröffentlichte ein Soloalbum. Er kämpfte lange mit Alkoholismus und verstarb am 7. September 1978 in London an einer Überdosis des Medikaments Clomethiazol, das zur Behandlung von Alkoholentzugssymptomen verschrieben worden war.
Die Karriere von The Who war gespickt mit wegweisenden Momenten und bedeutenden Alben. Ihre frühen Hits wie „I Can’t Explain“ und „My Generation“ etablierten ihren rebellischen und energiegeladenen Sound. Auftritte bei legendären Festivals wie dem Monterey Pop Festival 1967 und Woodstock 1969 trugen maßgeblich zu ihrem internationalen Durchbruch bei und festigten ihren Ruf als eine der aufregendsten Live-Bands ihrer Zeit.
Im Jahr 1969 veröffentlichten The Who Tommy, ein Doppelalbum, das als eine der ersten echten Rockopern gilt. Das Konzeptalbum erzählt die Geschichte von Tommy Walker, einem Jungen, der nach einem traumatischen Erlebnis taub, stumm und blind wird, aber durch sein außergewöhnliches Talent am Flipperautomaten zu einem spirituellen Führer aufsteigt. Tommy, inspiriert von Pete Townshends Interesse an Meher Baba, war ein kritischer und kommerzieller Erfolg und wurde später in einen Film und ein Broadway-Musical adaptiert. Zu den bekanntesten Songs des Albums gehören „Pinball Wizard“ und „See Me, Feel Me“.
Das 1971 erschienene Album Who’s Next entwickelte sich aus dem verworfenen Lifehouse-Projekt und gilt als ein Meisterwerk des Hard Rock. Es zeichnete sich durch den innovativen Einsatz von Synthesizern aus und enthielt ikonische Tracks wie „Baba O’Riley“, „Won’t Get Fooled Again“ und „Behind Blue Eyes“. Who’s Next war sowohl bei Kritikern als auch kommerziell äußerst erfolgreich und wird oft als eines ihrer besten Alben angesehen.
Mit Quadrophenia veröffentlichten The Who 1973 eine weitere Rockoper, die sich mit der Mod-Ära auseinandersetzte. Das Doppelalbum erzählt die Geschichte von Jimmy, einem jungen Mod im London der 1960er Jahre, der auf der Suche nach Identität und Zugehörigkeit ist. Quadrophenia wurde komplett von Pete Townshend geschrieben und enthielt neben Synthesizern auch markante Horn-Arrangements von John Entwistle. Das Album wurde ebenfalls erfolgreich verfilmt.
Neben diesen Meilensteinen schuf die Band weitere einflussreiche Werke wie The Who Sell Out (1967), The Who by Numbers (1975) und Who Are You (1978). Jedes dieser Alben trug zur musikalischen Weiterentwicklung der Band bei und enthielt bedeutende Songs, die bis heute im kollektiven Gedächtnis der Rockmusik verankert sind.
Trotz ihres immensen Erfolgs blieben The Who nicht von Schicksalsschlägen und Kontroversen verschont. Der frühe Tod von Keith Moon im Jahr 1978 war ein schwerer Verlust für die Band und die Musikwelt. Auch der Tod von John Entwistle im Jahr 2002 traf die verbliebenen Mitglieder und Fans tief. Pete Townshends Kontroverse um Kinderpornografie in den frühen 2000er Jahren überschattete zeitweise sein öffentliches Image. Die Band erlebte im Laufe ihrer Geschichte auch Phasen der Trennung und Wiedervereinigung.
Die musikalischen Wurzeln von The Who lagen im Rhythm and Blues, wobei Künstler wie James Brown, Little Richard und Chuck Berry einen frühen und direkten Einfluss auf ihren explosiven Stil hatten. Die britische Mod-Bewegung prägte ihr frühes Image und ihre Haltung. Pete Townshends spirituelles Interesse an Meher Baba durchzog viele seiner Kompositionen. In ihren frühen Tagen diente die Band The Kinks als eine bewusste Inspiration für Townshends Songwriting, um die Aufmerksamkeit des Produzenten Shel Talmy zu gewinnen.
Obwohl The Who primär als eine in sich geschlossene Einheit agierten, gab es im Laufe ihrer Karriere immer wieder bemerkenswerte Kollaborationen. Zahlreiche Sessionmusiker trugen zu ihren Alben bei, darunter Jimmy Page und Nicky Hopkins. Roger Daltrey arbeitete mit Künstlern wie The Chieftains und Wilko Johnson zusammen. Pete Townshend tat sich mit David Gilmour von Pink Floyd für gemeinsame Projekte zusammen. Ein besonders denkwürdiges Ereignis war der Auftritt der Band beim Concert for New York City im Jahr 2001 nach den Terroranschlägen vom 11. September.
Die Live-Auftritte von The Who waren legendär. Ihr Auftritt beim Monterey Pop Festival 1967 war ein frühes Beispiel ihrer Bühnenpräsenz. Das Woodstock Festival 1969 wurde durch Pete Townshends berühmte Gitarrenzertrümmerung während „My Generation“ unvergesslich. Das 1970 veröffentlichte Live-Album Live at Leeds gilt bis heute als eines der besten Live-Alben der Rockgeschichte. Auch ihr Auftritt beim Isle of Wight Festival im selben Jahr war ein Höhepunkt ihrer Live-Karriere. Spätere legendäre Auftritte umfassten das Concert for New York City (2001) und die Super Bowl Halftime Show 2010. Die Band schloss auch die Olympischen Spiele in London 2012 ab.
Das Vermächtnis von The Who ist immens. Ihre innovative Musik, ihre energiegeladenen Auftritte und ihre Bereitschaft, musikalische Grenzen zu überschreiten, haben sie zu einer der wichtigsten und einflussreichsten Rockbands aller Zeiten gemacht. 1990 wurden sie in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Ihr Einfluss ist in der Musik vieler nachfolgender Generationen von Musikern spürbar. Auch heute noch touren Roger Daltrey und Pete Townshend mit wechselnden Besetzungen und halten das Erbe von The Who lebendig.
Die Geschichte von The Who ist eine Geschichte von musikalischer Innovation, exzessiver Energie und unvergesslichen Momenten. Von ihren bescheidenen Anfängen als The Detours bis zu ihrem Status als Rocklegenden haben The Who die Musikwelt nachhaltig geprägt und bleiben eine der aufregendsten und einflussreichsten Bands aller Zeiten.
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Auch für mich einer der größten Bands der Rockgeschichte.
Wie die Zeit sich wendet. Heute würde jede Mutti jeden von ihnen mit Handkuss als Schwiegersohn nehmen. Damals war jeder eine Ausgeburt der Hölle in Person.