Pink Floyd at Pompeii – MCMLXXII: Rock zwischen Asche und Echoes
Ah, Pompeii. Wenn ich an diesen Film denke, dann sehe ich nicht nur die Musik, ich sehe eine ganze Ära. Wir waren damals Anfang der Siebziger. Pink Floyd war noch diese geheimnisvolle, fast schon intellektuelle Band. The Dark Side of the Moon war noch Zukunftsmusik, aber wir wussten, wohin die Reise ging. Es war die Phase der epischen, ausgedehnten Stücke – die Zeit von Meddle und Atom Heart Mother. Dieser Film ist ein Zeitdokument, das die Band kurz vor ihrem weltweiten Durchbruch einfängt.
Das leere Amphitheater und die Geburt eines Mythos
Stellt euch das vor: Das Amphitheater von Pompeji, fast zweitausend Jahre alt, von Asche begraben und wieder freigelegt. Ein Ort des Todes und der Stille. Und genau dort, inmitten dieser stummen, steinernen Zeugen, baut Pink Floyd ihr Equipment auf. Keine schreienden Fans, kein Gedränge, nur die Kameras und der Sound, der an den alten Mauern widerhallt. Regisseur Adrian Maben wollte bewusst keinen typischen Konzertfilm mit Massenhysterie. Er wollte ein Zwiegespräch zwischen moderner Rockmusik und der tiefen Geschichte der Antike. Und genau das ist ihm im Oktober 1971 gelungen. Es war eine Darbietung, gespielt für die Geister der Vergangenheit, die eine fast mystische Atmosphäre schuf.
Die skurrile Anekdote der Drehgenehmigung
Was heute unvorstellbar scheint, war damals ein kleines Wunder: Wie kriegt man eine Rockband in so eine heilige Stätte? Maben hatte die Idee, aber die italienischen Behörden? Die Erlaubnis war hart umkämpft. Die Geschichte, die man sich in Fankreisen erzählte, besagt, dass der Schlüssel zur antiken Arena in der Tat ein akademischer Fan war. Ein gewisser Professor Carputi von der Universität Neapel, ein enthusiastischer Anhänger der Band, soll bei den örtlichen Amtsträgern interveniert haben. Man stelle sich das vor: Ein Professor als Türöffner für den Rocktempel! Zusammen mit einer, nennen wir es, stattlichen Aufwandsentschädigung war der Weg frei. Die Band durfte sechs Tage lang drehen, und der Mythos war geboren. Ohne diese glückliche Fügung und die Überzeugungskraft eines Musikliebhabers in der Wissenschaft würde uns dieses einzigartige Werk fehlen.
Vom epischen Echo zum kargen Mittagessen
Um dem Film eine persönliche Note zu verleihen, mischte Maben die monumentalen Live-Aufnahmen mit Studio-Schnipseln. Und da kommt eine der herrlichsten Szenen: Die Bandmitglieder, schwarz-weiß gefilmt in einem Studio in Paris, beim Mittagessen. David Gilmour, Roger Waters, Nick Mason und Rick Wright sitzen da, ganz normal, inmitten ihrer Kabel und Aufnahmegeräte. Man sieht sie Gabeln und Messer klappern. Ihre Gespräche drehen sich nicht um Philosophie oder die Zerstörung des Vesuvs, sondern um den ganz normalen Arbeitsalltag gestresster Musiker: Es geht um die Technik, die Länge der neuen Stücke, die ständigen Experimente und die Mühen der Studioarbeit. Es ist ein faszinierender Kontrast: In den Ruinen waren sie Götter der Musik, die unsterbliche Klänge schufen. Im Studio waren sie einfach vier hungrige Briten, die an ihrem nächsten Meisterwerk feilten und sich über das Essen austauschten. Dieser intime Einblick macht den Film so menschlich.
Interaktive Diskografie der gespielten Titel (Auszug)
Die gespielten Stücke dokumentieren die experimentelle Phase von Pink Floyd perfekt. Interaktiv bedeutet hier, Titel und Album anzuzeigen, ohne externe Verlinkungen.
- Echoes (Album: Meddle, 1971) – Das zentrale Epos des Films und ein Meilenstein des progressiven Rocks.
- Careful with That Axe, Eugene (B-Seite der Single Point Me at the Sky, 1968) – Eine bedrohliche und düstere Soundlandschaft, die in Pompeii besonders unheimlich wirkt.
- A Saucerful of Secrets (Album: A Saucerful of Secrets, 1968) – Ein viertteiliges Instrumentalstück, das die frühen psychedelischen und experimentellen Wurzeln der Band zeigt.
- One of These Days (Album: Meddle, 1971) – Bekannt für den donnernden Bass und das bedrohliche Instrumentalspiel.
- Set the Controls for the Heart of the Sun (Album: A Saucerful of Secrets, 1968) – Ein hypnotisches Stück mit einer starken Betonung auf Rogers Waters‘ Gesang und den atmosphärischen Klängen.
Quellen
Recherchen basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen über den Film Pink Floyd Live at Pompeii (MCMLXXII), Regisseur Adrian Maben, die Entstehungsgeschichte sowie dokumentierte Anekdoten zur Drehgenehmigung und den Studioaufnahmen.
Foto von: Immanuel Giel 08:35, 11 Apr 2005 (UTC) – photographed in 1991
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